Air Berlin Insolvenzgeld-Bonus für Piloten und Manager – Berliner Zeitung – 15.09.2017
Am Freitag war Schluss. Punkt 14 Uhr endete die Bieterfrist für die Übernahme der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin. „Mehrere Angebote“ seien laut Unternehmensangaben eingegangen. „Das rege Investoreninteresse spricht für Air Berlin“, ließ Vorstandschef Thomas Winkelmann mitteilen. Nun geht es darum, ob die Marke Air Berlin vielleicht doch noch überleben kann. Vor allem aber geht es um das Schicksal von etwa 8000 Mitarbeitern. Die Angebote würden „sehr detailliert“ geprüft.
Kurz vor Ende der Bieterfrist hatte noch Jonathan Pang, Geschäftsführer der chinesischen Betreibergesellschaft des Flughafens Parchim, eine Fristverlängerung beantragt. Der Rechtsanwalt Helmut Naujoks, der das Unternehmen in Deutschland vertritt, erklärte am Freitag, Pang bitte um Zeit bis zum 22. September. Naujoks begründete Pangs Bitte damit, dass es längere Zeit dauere, die Vertragsunterlagen ins Chinesische zu übersetzen. Man habe fleißig gearbeitet, doch die Zeit sei zu kurz gewesen, sagte er.
Der Ton verschärft sich
Air Berlin betonte jedoch stets, den Verkauf möglichst schnell abschließen zu wollen. Denn der Flugbetrieb wird nur noch durch einen Kredit des Bundes aufrecht erhalten. Allerdings hatte Air Berlin am Donnerstag überraschend angekündigt, erst am Tag nach der Bundestagswahl über den Verkauf entscheiden zu wollen.
Vor diesem Hintergrund verschärft die Arbeitnehmerseite den Ton. Die Gewerkschaft Verdi warf dem Management am Freitag vor, verantwortungslos zu handeln. Verdi vermutet, dass schlechte Nachrichten vor dem Wahltermin vermieden werden sollen – zum Beispiel, dass der 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes für die Airline nicht zurückgezahlt werden könne, oder dass mögliche Käufer die mehr als 8000 Beschäftigten nicht übernähmen.
„Diese Vertagung geht vor allem zulasten der Beschäftigten, die endlich Entscheidungen über ihre Arbeitsplätze und über ihre Zukunft wollen“, kritisierte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle.
Abwerbung verhindern
Air Berlin hatte den 25. September als neuen Entscheidungstermin am Donnerstag auf Nachfrage bekanntgegeben. Dann soll der Aufsichtsrat über die Zukunft entscheiden. Zuvor hatte man Lösungen im Gläubigerausschuss bereits für den 21. September angekündigt.
Die Beschäftigten von Air Berlin bekommen seit Beginn des Insolvenzverfahrens Mitte August Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Das steht ihnen gesetzlich für drei Monate zu. Insgesamt 70 Millionen Euro sollen dafür von der Arbeitsagentur zur Verfügung gestellt worden sein. Einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel zufolge erhalten Piloten und Manager von Air Berlin noch einen Zuschlag zum Insolvenzgeld, der in Einzelfällen mehrere Tausend Euro pro Monat beträgt. Das sei üblich, erklärte der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Frank Kebekus gegenüber dem Magazin. So solle verhindert werden, dass diese Mitarbeiter zu Wettbewerbern abwandern. Es handle sich um einen „siebenstelligen Betrag“.
10 Millionen pro Monat
Das Insolvenzgeld ist laut Spiegel auf 6350 Euro brutto pro Monat gedeckelt. Deshalb habe der Gläubigerausschuss bereits auf seiner ersten Sitzung am 23. August beschlossen, den Betrag für die Piloten bis zu ihrem regulären Gehalt aufzustocken. In Einzelfällen könne dieses Gehalt über 10.000 Euro pro Monat ausmachen. Auch das Management bekomme das reguläre Gehalt weiter.
Der Spiegel zitierte aus dem Umfeld des Gläubigerausschusses, pro Monat würden so rund zehn Millionen Euro fällig. Dies gehe zulasten der Masse und des von der Bundesregierung gewährten Rettungskredits in Höhe von 150 Millionen Euro. Eine Gehaltsaufstockung für Besserverdiener sei demnach in einem Insolvenzfall keineswegs selbstverständlich. (dpa, AFP)
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/28420524 ©2017